Luxus-Aktien








«Neue Locations in Shanghai besichtigt»
Die 120 Chopard-Boutiquen haben in diesem Jahr weltweit die Verkäufe gesteigert. Chopard-Co-Präsident Karl-Friedrich Scheufele berichtet über Expansionspläne und Trends. 

Von Hans Peter Arnold


Nicht nur die Palme von Cannes stammt aus dem Hause Chopard, sondern auch der Bambi, der wichtigste Medienpreis Deutschlands. Welche Premierung hat Sie berührt?
Karl-Friedrich Scheufele: In der Kategorie Engagement wurde Jürgen Schulz ausgezeichnet. Er hat unter anderem mit seinem Verein «Kinderhilfe – Hilfe für Leukämie und tumorkranke Kinder» Grossartiges geleistet. Und natürlich Helmut Kohl!
Preisträger Helmut Kohl konnte aus gesundheitlichen Gründen den Bambi nicht persönlich entgegennehmen.
Mein Vater kennt Helmut Kohl seit langem. Er trägt übrigens auch Chopard.
Ihr Vater, Karl Scheufele, hatte 1963 die Genfer Uhrenmanufaktur von Paul-André Chopard mit fünf Angestellten erworben. Heute zählt Chopard über 1700 Mitarbeiter. Was überwiegt bei Ihnen: Stolz über die Erfolgsgeschichte oder Respekt vor der Zukunft?
Beides schwingt mit. Es sind Stolz und Respekt über das von der Familie Geleistete, aber auch das Wissen um eine grosse Verantwortung. Manchmal lastet diese Verantwortung etwas mehr auf den Schultern, manchmal weniger.
Gerade dieses Jahr hat ja gezeigt, wie herausfordernd das Geschäftsleben sein kann.
Der konjunkturelle Einbruch war sehr massiv. So etwas habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt. Auch für meinen Vater, der schon einige Krisen erlebt hat, war das beeindruckend.
Glücklicherweise scheinen sich die Märkte wieder zu erholen. Die Schweizer Uhren-exporte lagen jedoch im Oktober immer noch rund ein Fünftel unter jenen des Vorjahresmonats.
Unsere Verkäufe verliefen parallel zum Index der Uhrenexporte, jedoch war der Rückgang bei uns nicht so ausgeprägt.
Welche Regionen haben in diesem Jahr mehr gelitten, welche weniger?
Die Verkäufe in Osteuropa, insbesondere in Russland, brachen stark ein. Das gilt auch für die USA. Zentraleuropa, ausser Spanien, hielt sich ganz gut.
Die Schweizer Uhrenexportzahlen zeigen für die USA im Oktober ein Minus von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr an.
Ja, die Relationen sind bei Chopard ähnlich. Die asiatischen Märkte entwickelten sich allerdings erheblich besser als in Europa oder Nordamerika.
Einen hohen Umsatzanteil erwirtschaftet die Luxusgüterindustrie jeweils in der Zeit um Weihnachten. Wie verläuft der Trend?
Seit Beginn des zweiten Halbjahres stellen wir eine Erholungstendenz fest; diese hält bis heute an.
Ist es möglich, dass das Weihnachtsgeschäft den Vorjahreswert erreichen wird?
Nein, das wäre ein vermessenes Ziel. Allerdings gibt es noch ein schönes Aufholpotenzial. Man darf nicht vergessen: Die vergangenen Jahre waren Rekordjahre. Damals kämpften wir ja mit Lieferproblemen. Klar ist auch: Das diesjährige Weihnachtsgeschäft ist nun wichtiger denn je.
Wie hat sich die vergangene Rezession auf die Produktwahl ausgewirkt: Wurde das oberste Preissegment gemieden?
Es gibt keinen klaren Trend. Wir verkaufen nach wie vor im oberen wie auch in den anderen Segmenten – nur eben weniger.
Die Marke Chopard ist in einigen Ländern des Mittleren Ostens und Nordafrikas, etwa Marokko, stark verankert. Weshalb?
Mein Vater ist dort schon früh viel gereist und hat diesen Markt erschlossen. Wir haben in diesen Ländern langjährige persönliche Verbindungen. Das zahlt sich aus.
Wie stark frequentiert sind Ihre Chopard-Boutiquen?
Die insgesamt 120 Chopard-Boutiquen werden in diesem Jahr den Umsatz erhöhen können. Das ist sehr erfreulich. Insgesamt war die Situation bei den übrigen rund 1500 Verkaufspunkten, den Multibrand-Shops, schwieriger. Da waren einige Händler in Schwierigkeiten. Diese zögern sehr, verkaufte Ware zu ersetzen und riskieren, den Aufwärtstrend zu verpassen.
War es ein Fehler, dass sie in Asien nicht stärker expandiert haben?
Wir sind jüngst in Asien doch stark gewachsen. In Hongkong besitzen wir bereits fünf Chopard-Boutiquen. Insgesamt beschäftigen wir in Hongkong und China zusammen über 120 Mitarbeiter. Chopard ist auch in Tokio sowie in Singapur mit Flagship-Stores vertreten.
Und Ihre Präsenz in Festland-China?
Neben rund 20 Verkaufspunkten besitzen wir acht Boutiquen in Shanghai, Peking und anderen Städten. Ich habe soeben in Shanghai zwei weitere Locations besichtigt.
Es ist die Rede davon, die chinesische Luxussteuer auf Uhren solle gesenkt oder sogar abgeschafft werden.
Das wäre zweifellos ein Vorteil für uns. Doch bis dahin wird es noch dauern.
Vor zwei Jahren haben Sie zusammen mit Ihrer Schwester Caroline Gruosi-Scheufele den Flagship-Store in New York als 100. Chopard-Boutique eröffnet. In der Schweiz fehlt ein solcher Prestige-Shop. Ist das auf die kleinräumige Struktur zurückzuführen?
Die Boutiquen in Zürich und Genf sind sehr erfolgreich. Jene in Genf wollen wir im Verlauf des nächsten Jahres renovieren und dem neuen Konzept angleichen.
Sie sind zu höflich, um es klar auszusprechen: Die Madison Avenue in New York ist nicht die Zürcher Bahnhofstrasse ...
An der Bahnhofstrasse in Zürich war es tatsächlich schwierig, eine gute Lage zu finden. Unsere Boutique in Zürich ist zwar kleiner als die in New York, steht aber jener an der Madison Avenue in nichts nach! Die Fläche ist in unserem Geschäft nicht entscheidend, aber die Lage.
Welche Verkaufspunkte sind noch nicht erschlossen? Das Internet?
Das Internet ist zweifellos ein hervorragendes Medium, um unsere Marke und ihre Kollektionen zu präsentieren. Wir haben in den letzten Jahren viel investiert und zuletzt einen neuen Internetauftritt vorgestellt. Es gibt jedoch noch keine Pläne, Uhren und Schmuck über das Internet zu verkaufen.
Luxusbrands etikettieren immer mehr Produktkategorien. Gibt es auch bei Chopard Pläne, den Bereich der Accessoires zum Beispiel auf Textilien oder Hotels auszuweiten?
Nein, die Erweiterung der Marke auf Accessoires wie Parfüm und Brillen genügt. Diese Produkte sollen wirklich – wie es der Name sagt – die Funktion von Accessoires haben.
Chopard feiert im Jahr 2010 das 150-Jahre-Firmenjubiläum. Was planen Sie?
Besondere Events sind unter anderem für Baselworld 2010 sowie im Rahmen des 63. Filmfestivals in Cannes geplant.
Verraten Sie uns mehr?
Wir werden an der Baselworld 2010, der wichtigsten Uhren- und Schmuckmesse der Welt, spezielle Neuheiten präsentieren. Es ist geplant, eine sehr interessante Haute-Joaillerie-Kollektion vorzustellen, welche einem aktuellen Thema gewidmet ist. Auch unsere eigene L.U.C-Manufaktur wird mehrere spezielle Neuheiten präsentieren, unter anderem eine aussergewöhnliche Uhr, die beste Uhrmachertradition mit modernster Technik ergänzt.
Ich gehe davon aus, dass für ein Familienunternehmen der Erhalt der Selbstständigkeit ein wichtiges Ziel ist.
Das ist tatsächlich einer unserer Grundsätze.
Wenn Sie aber wählen müssten – was wäre das kleinere Übel: ein Börsengang oder eine Integration in die Swatch Group?
(lacht) Dann wäre mir ein Börsengang schon lieber.

Karl-Friedrich Scheufele leitet zusammen mit seiner Schwester Caroline Gruosi-Scheufele die Uhren- und Schmuckunternehmung Chopard mit Sitz in Genf. Karl-Friedrich Scheufele wurde 1958 in Pforzheim (Deutschland) geboren. Er besuchte die Internationale Schule in Genf, absolvierte die Lehre bei einem Genfer Juwelier. Danach studierte er an der «Ecole des Hautes Etudes Commerciales» in Lausanne. Anschliessend trat er in die Familien-Unternehmung ein.
«Dann wäre mir ein Börsengang schon lieber.»